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Wie ich Vegetarierin wurde und doch manchmal Fisch esse

Wobei Fisch das falsche Wort ist. Eher Garnelen und Jakobsmuscheln. Ein paar mal im Jahr – Und das war’s auch schon. 

Aber beginnen wir von vorne – dann verstehst du auch, warum meine Rezepte größtenteils pflanzlich sind, bzw. der Milch- und Eierkonsum in Maßen gehalten wird:

Fleisch für mich als Kind

Ich bin in einer Allesesser Familie aufgewachsen. Wir hatten selber Hühner, wir haben selber Wurst und Speck gemacht. Wir haben einfach alles gegessen und ich durfte fleißig mithelfen. Meine erste Erinnerung war, wie ich zusammen mit meiner Oma in der Küche Wienerschnitzel paniert habe.

Fleisch war einfach Fleisch. Ohne Gesicht, ohne Gefühle. Ich habe mich gefreut, wenn meine Oma „Kaugummisuppe“ gekocht hat und bin erst später draufgekommen, dass es sich um „Kutteln“, also um Rindermagen in der Suppe handelt. 😅

Fleisch während des Studiums

Als ich dann mit 18 Lebensmitteltechnologie studiert habe,  wurde Fleisch zu einem Studienfach: wie Tiere gefüttert werden müssen, um das Maximum an Wachstum aus ihnen herauszuholen. Wie sie geschlachtet werden müssen, um die beste Fleischqualität zu garantieren. Was im Körper vom Tier vor und nach dem Tod passiert und an chemischen Reaktionen abläuft.

Am Anfang von meinem Studium habe ich noch Fleisch gegessen. Truthahn (!). Zugegeben war ich nie wirklich eine Fleischliebhaberin, aber ab und zu ein Schnitzel, Speck und Wurst waren einfach da.

Begleitet wurde das Studienfach von einer ganzen Reihe von Lehrausflügen vor Ort, einem Stall – oder soll ich Viehzuchtbetrieb sagen? – und einem Schlachthaus.

Nach dem Schlachthaus habe ich dann aufgehört Fleisch als solches zu essen. Irgendwie ist mir das Bild von mir, wie ich ganz in weiß mit Kopf- und Schuhbedeckung zwischen den hängenden Karkassen umhergegangen bin, doch nahe getreten. Doch nicht so nah, dass ich Speck von meinem Speiseplan verbannt hätte. 😉

Was meine Reise nach Asien verändert hat

Als ich 2009 in der Mongolei war, war ich für drei Wochen Vegetarierin, wobei ich die ungesunde Version der Vegetarierin war, da es nicht recht viel mehr als weißen Reis, als Alternative zu Schafsfleisch gegeben hatte. Schafsfleisch, der Geruch von Schafsfleisch, das Fett vom Schaf war omnipräsent. Sogar in Pfannkuchen! Mein Lieblingsaufenthaltsort in Ulaanbaatar (die Hauptstadt der Mongolei) wurde ein buddhistisches Kloster, weil sich die Mönche dort vegetarisch ernähren. Warum und was Fleischkonsum mit Spiritualität zu tun hat, das muss ich noch verbloggen.

Als ich dann von der Mongolei nach Südostasien kam, stand wieder Fisch auf meinem Speiseplan. Und Papayasalat. Das war unser täglich Brot.

Oh, wie ich ihn geliebt habe! Er besteht aus unreifer Papaya, Karotten, Erdnüssen, Tomaten, Gewürzen, Limetten, Fischsoße… und viiiiiiel Chili!

Neben dem Essen führte der Weg in neue Kulturen aber auch zu einer neue Sichtweise auf Traditionen. In Thailand zum Beispiel konnte man auf  Marktständen Vögel, kleine Eulen, Schildkröten usw. kaufen, die in kleinsten Käfigen eingeschlossen sind. Die Menschen glauben, dass das Frei lassen eines Tiers ihnen Glück bringt. Je nach Tier soll es einem Geld, Gesundheit, Glück usw. bringen. Ich fragte mich: Warum erst einsperren? Aber jede Kultur hat da ihre eigenen Ansichten und „Bräuche“, insofern Tierquaelerei als Brauch angesehen werden kann (…).

(…) steht fuer meine Gedanken dazu… die ich 2009 in Thailand hatte und dich ich so von meinem damaligen Blog mit euch teile:

Hier in Thailand sehen die Menschen wenigstens was sie essen und haben einen Bezug zum Fleisch auf ihrem Teller… Wenn man durch die Märkte spaziert erblickt man Schweineköpfe, mit einem ganz lieben Lächeln auf dem Gesicht, ganze Hühnchen und Enten, ähnlich wie bei uns, mit dem kleinen Unterschied, dass hier noch der Kopf dranhängt und die Krallen, es also eher als Tier also zu identifizieren ist… Na ja. Wir kaufen ein abgepacktes Schnitzel im Kühlregal, der Anblick und der Geruch von totem Fleisch bleibt uns erspart.

Und wenn man die Tierhaltung betrachet, da muss ich sagen, ein Ferkel in Thailand hat richtig Schwein gehabt! Die süßen kleinen Schweinchen laufen hier ganz frei auf der Wiese herum, die Hühner gackern friedlich vor sich hin und können sich mit ihren Küken frei bewegen. Bis sie auf den Markt kommen. Da warten sie fein abgepackt, bis sie mit dem Motorrad mitgenommen werden können… 

Wer’s noch nicht weiß, in unseren hochentwickelten, westlichen Ländern schaut die Tierhaltung nicht ganz so rosig aus… Eine Henne in einer Legebatterie kann sich nichteinmal umdrehen, sie hat einen Käfig zur Verfügung der so groß ist wie eine Schuhschachtel und einen Scheinwerfer vor den Augen, der den Rhythmus „Tag und Nacht“ bestimmt – glaubt mir, eine Nacht dauert keine 8 Stunden.

Natürlich wird jetzt jeder rufen, ICH kaufe doch keine Eier aus der Legebatterie! Natürlich nicht. Ihr vielleicht nicht, die Industrie aber sehr wohl. Und Eier kommen haufenweise in Kekse, Brioche, Kuchen, Nudel… usw. Was koennen wir dagegen tun? Ich weiss es leider selbst nicht.

Einmal hatte ich eine Kekspackung in den Händen, wo eine schweizer Firma unterstrich: „mit Eiern aus Bodenhaltung“. Einen Fortschritt würde ich das nennen.

Die EU will Gott sei Dank ab 2012 ebenfalls KONVENTIONELLE Käfighaltung verbieten, d.h. einer lieben Henne werden in Zukunft statt 550 cm² nun ganze 750 cm² Fläche pro Tier zugesprochen, sowie Sitzstangen und Nester. Wer sich unter diesen Zahlen nicht soviel vorstellen kann, ein DIN A4-Blatt hat 624 cm². Eine Verbesserung? Sagen wir mal, die Richtung stimmt.

Stufe 2 der Hühnermast ist Bodenhaltung, die so gut es auch klingen mag, nur ein klein wenig besser ist. Sieben Hennen haben ca 1 Quadratmeter Stall zur Verfügung, maximal sind es nur 6000 Hennen pro Stall (nein, ich habe mich nicht mit den Nullern vertippt). Könnt ihr euch vorstellen wie es in so einem Stall zugeht? Auf diesem Link findet ihr ein Bild.

Freilandhaltung ist schon besser, wenigstens haben die armen Viecher ein bisschen mehr Platz zur Verfuegung, welcher bei Bio Qualität noch mehr wird. Das idyllische Bild von grünem Gras können wir allerdings vergessen, die Fläche die dazu gebraucht werden würde… zu riesig für einfache Hühner.

Wir können unterscheiden und daher entscheiden von welchen Hennen die Eier, die in unsere Mägen gelangen kommen: die erste Zahl auf dem Code, der sich auf dem Ei befindet, sagt folgendes:

  • 0 = BIO
  • 1 = Freilandhaltung (pro Huhn müssen 10 m² Auslauf vorhanden sein)
  • 2 = Bodenhaltung (pro Quadratmeter Stallfläche maximal sieben Hühner)
  • 3 = Käfighaltung in Legebatterien – denkt einfacht an ein Blatt Papier… und gebt 10% dieser Flaeche weg)

Um es böse zu sagen: BSE, Schweinegrippe, Creutzfeld-Jakob… was gab es sonst noch? Was gibt es sonst noch? Wissen wir wirklich alles? Ist es ein bisschen die Rache der Natur gegenueber der Massentierzucht?

In den USA werden die Tierabfälle, inklusive Ausscheidungen, chemisch so behandelt, dass sie auf einen gewissen Protein-, Fett- und Kohlenhydratgehalt standardisiert werden. Warum macht das der Mensch, frag ich mich jetzt. Es sind doch ABFÄLLE. Oder Tierfutter sagt ein anderer. Leider hat der Andere Recht. Böse USA! Wir in Europa sind da viel besser! Wir füttern nun nicht einmal mehr Tiermehl! Dafür steht neben Getreide nun auch Fisch für unsere Schweinchen auf dem Programm. Die Leerfischung der Meere? Kein Thema für die Fleischproduzenten. Es gibt ja immer noch die Fischzucht, würden jetzt viele zu Recht sagen. Na ja, liebe Menschen, wusstet ihr, dass kleine Fische um groß zu werden auch Fischmehl (aus Meeresfischen) bekommen?

Die Faustregel lautet, um ein kg Fleisch zu produzieren, braucht es 10 kg Getreide und Soja. Etwa 80% des weltweit verfügbaren Ackerlandes wird für Tierzucht (Weidefläche und Futteranbau) verwendet.

Was will ich damit sagen? Esst kein Fleisch mehr?

Das muss jeder selbst fuer sich entscheiden. Mit meinen Gedanken wollt ich mir und euch nur einmal wieder ins Bewusstsein rufen, dass das Schnitzel auf unserem Teller einmal fröhlich (oder auch nicht) gequiekt hat. Ich wollte euch ein bisschen zum Nachdenken bringen, ob wirklich so oft Fleisch auf der Speisekarte stehen muss. Und euch ein bisschen in eurer Wahl bestärken, wenn ihr das nächste Mal im Supermarkt zu den teureren BIO Eiern greift. Es zahlt sich aus.

Meine Sichtweise heute

Damals war ich etwas härter in meinen Ansichten. Heute teile ich bei meinen Vorträgen und Workshops die Hintergründe der Produktion von Fleisch, Milch und Eiern aus dem Grund, dass jeder bewusst entscheiden kann. Aus diesem Grund sind viele meiner Rezepte mit pflanzlichen Produkten und mit wenig Eiern. Es muss nicht immer schwarz oder weiß sein. Es muss nicht immer vegan oder nicht vegan sein, vegetarisch oder nicht vegetarisch sein. Und das für immer und für alle Ewigkeit.

Ich habe allzuoft die Reaktion von fleischessenden Menschen – mit einer abschätzigen Haltung erlebt, wenn jemand, der sich als Veganer oder Vegetarier ausgibt, ein paar Mal im Jahr dieses „vegan oder vegetarisch sein“ nicht aufrechterhält. Wehe dem oder der!

Ich denke mir, es ist viel zielführender sich folgende Fragen zu stellen:

Wie viel Leid, wie viel CO2 Ausstoß, wie viel Essen (das nicht verfüttert wurde), konnte die Vegetarierin durch ihre Entscheidung, nur 3-4 mal im Jahr Fleisch oder Fisch zu essen vermeiden?

Die gute Nachricht ist: Selbst, wenn wir nur einmal pro Woche weniger Fleisch essen, dann können wir etwas verändern. Wir können langsam damit beginnen. Wir sind dann, wenn wir einen Begriff wollen, Flexitarier.

Mir geht es in erster Linie um einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren. Es kann doch nicht sein, dass wir den Hund mit dem Kinderwagen herumführen und gleichzeitig in ein Schinkenbrot beißen… Was ist der Unterschied?

Es ist wichtig, sich bewusst zu werden, dass Fleisch mit einem Tier zusammenhängt. Und aus diesem Grund dem Fleisch Wertschätzung entgegenzubringen – es aufzuessen!

Der zweite Schritt, der möglich ist, ist folgender:

Statt zu denken: „Ich will/muss jetzt weniger Fleisch essen“, neue pflanzliche Gerichte zu kochen, die lecker schmecken. 😊

So wie diesen Erbsenhumus. Machst du bei Kartoffeln mit Speck und Käse noch diesen Humus dazu, dann wirst du ganz automatisch den Speck und Käse Konsum etwas reduzieren…

 

Der Rest kommt mit der Zeit. Oft ist unsere Angst verzichten zu MÜSSEN größer, als dann effektiv die Realität selbst ist. Denn wer merkt schon, dass kein Fleisch auf dem Tisch ist, wenn alles lecker schmeckt und satt macht?

Und um auf mein Beispiel vom Hund im Kinderwagen und dem Schinkenbrot zurück zu kommen: Was ist der Unterschied zwischen einem Schwein und einem Hund? Warum essen wir das eine und das andere nicht? Wobei das wiederum nur auf unsere Kultur zutrifft. In Vietnam steht Hund auf dem Speiseplan und ist ganz etwas normales. Sogar ich habe davon probiert. Damals war für mich schon Fleisch, Fleisch. Egal von welchem Tier.

Zu unserer Hochzeit 2011 habe ich Schnecken gegessen, weil eine Schnecke als Beilage zum Salat bei unserem Thema „Hochzeit auf der Wiese“ als kleiner Zaungast da war (und weil meine Oma jedes Jahr traditionell einmal im Jahr Schnecken gekocht hat). Als Kind war ich sogar Schnecken sammeln – die meine Oma später gekocht hat. Ich sagte ja, ich bin in einer Allesesser Familie aufgewachsen. 😉

Wann habe ich dann damit aufgehört, Fleisch zu essen?

Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mehr und ich zähle auch nicht die Jahre. Es war irgendwann bald nach unserer Hochzeit glaube ich. Auf jeden Fall vor den Kindern. Ich kann mich noch an den Moment erinnern, im Garten bei meinen Eltern, als es Speck gab. Ich hatte plötzlich einen komischen Geschmack im Mund, ein Bild von einem Schwein ist aufgetaucht. Ich konnte nicht mehr weiter essen. Das war glaube ich das letzte Mal.

Heute schaffe ich es nicht mehr Fleisch zu essen, weil mein Bewusstsein es mir verbietet. Ich sehe es nicht als Verzicht, sondern ich bin regelrecht froh, es nicht essen zu müssen. Ich bin dankbar, in einer Kultur und Gesellschaft aufzuwachsen, wo es Alternativen gibt. Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Gemüse… all das deckt meinen Eiweißbedarf. Und nein, ich bin nicht vegan. Doch ich versuche so viel wie möglich pflanzlich zu kochen und unseren Milch- und Eierkonsum zu reduzieren. Wer weiß wie es in ein paar Jahren aussieht. Jetzt ist mir klar:

Jedes Essen zählt. Und wir können jederzeit damit beginnen. 

(„Jedes Essen zählt“ ist übrigens ein Slogan von Rapunzel, einer Firma, die ich sehr schätze und deren Slogan ich mir ausgeliehen habe, weil er so schön passt.)

Schau dir einfach mal meine Rezepte an und probiere sie aus oder komme zu einem Workshop von mir!

 

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